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Die letzte Saison von "Falcon Crest" enttäuschte leider die meisten Fans, da sich die Besetzung und die Handlung in einer zu drastischen Art und Weise veränderten. Was im Laufe der 8. Staffel an Verschlechterungen begann, fand in der 9. Spielzeit einen dramatischen Höhepunkt.
Nach dem gescheiterten Versuch einer feindlichen Übernahme von WARNER COMMUNICATIONS war LORIMAR seinerseits selbst am 21.01.1989 von dem aus der Fusion von WARNER COMMUNICATIONS und TIME neu entstandenen Konzern TIME WARNER, Inc. übernommen worden. Infolge dieser Übernahme verschärften sich die Probleme, welche in den vergangenen Jahren ohnehin durch personelle Veränderungen bei LORIMAR entstanden waren. Da WARNER BROS. selbst personell durchaus ausreichend besetzt war, kam es bei LORIMAR zu Massenentlassungen und veränderten Aufgabenzuweisungen. Auch diese Entscheidungen auf der Ebene der Konzernleitung führten bei "Falcon Crest" zu einer fast vollständigen Auswechselung des Produktionsstabes.
Doch dies blieb nicht der einzige Missstand in diesem Produktionsjahr.
Mehr als bedauerlich war in erster Linie JANE WYMANs lange Abwesenheit während dieser Staffel, die leider notwendig geworden war, da sich der Gesundheitszustand der Schauspielerin zusehends verschlechtert hatte. "Falcon Crest" war ohne Angela nicht mehr dasselbe; allerdings hätte die Serie möglicherweise auch diese Krise überstehen können, zumal JANE in den letzten drei Folgen wieder mit von der Partie war. Den endgültigen Todesstoß dürfte "Falcon Crest" das Ausscheiden von SUSAN SULLIVAN versetzt haben; wäre die Rolle der Maggie nicht aus der Serie geschrieben worden, hätte "Falcon Crest" möglicherweise nicht solch extreme Zuschauerverluste hinnehmen müssen, da Maggie nachweislich die Figur war, mit deren Problemen sich die meisten Fans am besten identifizieren konnten. SUSAN stieg nach offiziellen Darstellungen aus, weil ihr die Drehbücher nicht mehr gefielen — ein Entschluss, den man hätte verstehen können, da sich der Autoren- und Produzentenwechsel, der der Familiensaga schon seit Beginn der 8. Staffel enorme Zuschauereinbußen beschert hatte, wie dargelegt, in der 9. Saison in noch dramatischeren Ausmaßen fortsetzte. Doch in Wirklichkeit wurde SUSAN von den neuen Verantwortlichen (oder sollte man besser sagen "Verantwortungslosen"?!) aus finanziellen Gründen gefeuert. Mit ihrem Gehalt konnten nun leicht WENDY PHILLIPS, ANDREA THOMPSON und GREGORY HARRISON bezahlt werden. Drei neue Darsteller für den Preis eines Stars... — kein wirklich gutes Geschäft, wenn man bedenkt, dass hier nicht nur an Geld, sondern auch an Qualität gespart wurde.
Als LORIMAR erkannte, dass das Team der 8. Saison versagt hatte, wurden weitere neue Produzenten und Drehbuchschreiber verpflichtet, anstatt die erfolgreichen früheren Mitarbeiter aus den Staffeln 1 bis 7 wieder zu engagieren. Sicherlich kann man den neuen Produzenten nicht abstreiten, dass sie generell kompetente Film- und Serienhersteller sind, doch leider gelang es ihnen bei "Falcon Crest" nicht, einen nahtlosen Anschluss an die früheren Handlungsstränge zu finden.
Soweit das von JOEL SURNOW und SHERI ANDERSON ausgearbeitete Grobkonzept für diese Staffel im Vorwort schreibt, dass Saison 9 "Falcon Crest" zu seinen Wurzeln zurückbringen und den Kampf um das Familienimperium ins Zentrum stellen werde, blieb dies nichts weiter als ein Lippenbekenntnis, auf das die Autoren selbst keinen wirklichen Wert legten.
JOEL SURNOW, der früher Action-Serien, wie z.B. "Miami Vice" und "The Equalizer" schrieb, wurde als Co-Produktionsleiter und Autor engagiert. Er holte als Leiter des Autoren-Teams ROBERT COCHRAN mit ins Boot, mit dem er später die Serie "24" kreierte und produzierte. "Falcon Crest" entfernten die beiden immer mehr vom Weingeschäft und stellten Wirtschaftskriminalität in den Vordergrund. LORIMAR gab SURNOW die carte blanche — sein Auftrag lautete, ein leeres Blatt Papier zu beschreiben bzw. sich nicht um die Historie der Serie zu kümmern. Nach dem Misserfolg der 9. Staffel rühmte sich JOEL SURNOW später noch in Interviews, er und COCHRAN hätten "die beste Staffel der Fernsehgeschichte geschrieben, die sich keiner ansah".
Co-Produzentin und Autorin SHERI ANDERSON hatte zu Anfang der 9. Staffel noch angekündigt, die Auswirkungen von JANE WYMANs langer Abwesenheit würden dadurch gemildert, dass Angelas Geist in jeder Folge spürbar sei; doch bei der Umsetzung der entsprechenden Drehbücher geriet dies schnell in Vergessenheit. Zu oberflächlich waren die wenigen Szenen, die sich, nachdem Angie ins Koma gefallen war, noch mit ihr beschäftigten.
Auch erschreckend schlecht verarbeitet wurde der Ausstieg von Nick und Ben Agretti (gespielt von DAVID BEECROFT und BRANDON DOUGLAS), die — trotz einer ursprünglich geplanten kurzen Erwähnung in # 206 — in der ausgestrahlten Endfassung der Episode mit keinem Wort mehr erwähnt wurden. Ebenso wenig wurde erklärt, warum plötzlich Frank Melissas Nachlassverwalter wurde, wieso genau Emmas Ehe mit Daniel Cabot gescheitert war und weshalb plötzlich die Entführung von Angie nicht mehr auf der Liste von Richards Anklagepunkten stand.
Dass sich die neuen Autoren nur unzureichend mit der Historie der Serie auseinandergesetzt haben, zeigen auch mehrere Beispiele aus den Rollenbeschreibungen im Grobkonzept dieser Staffel. Dort führten JOEL SURNOW und SHERI ANDERSON u.a. Folgendes aus:
Peter Stavros wurde als Angelas "Ex-Liebhaber und Vertrauter" bezeichnet; den Autoren war nicht bekannt, dass er ihr Ex-Ehemann war.
Pilars Figurenbeschreibung beginnt als "die Scarlett O'Hara von 'Falcon Crest'" — eine Zeichnung, die der Ausarbeitung des Charakters in Saison 8 nicht gerecht wird.
Michael Sharpe sollte den "ersten industriellen Komplex im Tuscany Valley" bauen, dem eine Figur nach dem Vorbild des echten Politikers RALPH NADER entgegentreten sollte. Diese Pläne wurden kurzfristig fallen gelassen, als die Autoren endlich begriffen, dass sich Staffel 8 bereits mit diesem Thema befasst hatte — Richard versuchte, die Kellereien im Tal einem einzigen riesigen Industriekomplex einzuverleiben. Insofern wäre dieser Handlungsstrang eine bloße Wiederholung gewesen.
Stattdessen wurde die Betonung auf neue Stars gelegt; hier nur zwei Beispiele:
GREGORY HARRISON, für den die Rolle des Michael Sharpe nur entwickelt wurde, um ihn bis zum Drehbeginn seiner eigenen Sitcom im Hause LORIMAR nicht umsonst bezahlen zu müssen. Für ihn wurden überproportional viele Szenen geschrieben; krampfhaft und missglückt erschienen die Versuche, HARRISON in eine Serie zu pressen, in der er nichts zu suchen hatte. Sharpes angebliche Verwandtschaftsbeziehung blieb unklar — zu vage blieben die vereinzelten Andeutungen, ob Michael Richards oder Maggies Cousin zweiten Grades sein sollte. Eine Verwandtschaft mit Richard zu konstruieren, erscheint insoweit problematisch, als Richards Ehe mit Lauren zwar nicht Inzest, aber doch ein wenig bedenklich wäre. Andererseits lassen sich zwar auch Argumente für eine Verwandtschaft der Sharpes mit Maggie finden; diese Lösung ist aber ebenfalls unbefriedigend, da unklar blieb, ob es sich dabei um eine Verwandtschaft zu Maggies Adoptiv- oder leiblichen Eltern handelte. Das Grobkonzept der Staffel ist des Rätsels Lösung: Die Sharpes sind mit Maggie verwandt, doch die Episoden selbst bleiben verwirrend.
WENDY PHILLIPS war mit ihrer Rolle der Lauren Daniels als Ersatz für SUSAN SULLIVAN gedacht. Doch sie wirkte nur wie ein blasser Verschnitt der unvergessenen Maggie; ihre Rolle konnte wohl kaum die Tragweite einer wirklichen Hauptdarstellerin erhalten.
Die Idee des neuen leitenden Produzenten JERRY THORPE, "Falcon Crest" in eine neue Richtung à la Sex & Crime zu führen, dürfte wohl von seinen früheren Serienerfolgen "Miami Vice" und "The Equalizer" herrühren; bei derartigen Produktionen hätte er auch besser bleiben sollen! Denn man kann wohl getrost behaupten, dass dieser Produzent keine Ahnung davon hatte, was "Falcon Crest" erfolgreich gemacht hatte.
Die Anzahl der Szenen, die außerhalb der Filmateliers gedreht wurde, wurde drastisch reduziert — sogar die meisten Außenaufnahmen fanden in den Filmstudios von CBS-MTM und WARNER BROS. statt. Nur noch sehr selten wurden alte Clips von Außenaufnahmen aus dem Napa Valley gezeigt. Man gab sich nicht einmal mehr im Ansatz Mühe, den Eindruck zu erwecken, die Serie spiele im Weinland — als Zuschauer hatte man eher das Gefühl, die gesamte Handlung spiele sich irgendwo in einem Hinterhof ab, aber definitiv nicht in der Gegend um San Francisco.
Dramatisch veränderte sich auch die Gestaltung des Vorspanns, der nun eher einem Krimi als einer Familiensaga ähnelte. In der Eröffnungsepisode war nicht einmal mehr das traditionelle Falkenwappen zu sehen; auch eine neue Schrift und eine mit einem Synthesizer modernisierte Titelmelodie, die nur noch einen Bruchteil der Original-Musik enthielt, entfremdeten Saison 9 immer stärker von den vorherigen Staffeln. Die heftigen negativen Zuschauerreaktionen nach der ersten Folge sorgten für die Wiedereinführung des echten Wappens bereits in # 207 und für die Rückkehr zu der typischen Schrift von "Falcon Crest" aus den Glanzzeiten der Serie ab # 212. Doch auch diese halbherzigen Versuche der Schadensbegrenzung konnten die inhaltlichen Schwächen nicht überdecken, insbesondere manche missglückte Handlungsstränge, die in der Luft baumelten und wegen mangelnden Publikumsinteresses innerhalb von ein oder zwei Folgen übereilt zum Abschluss gebracht werden mussten.
Insgesamt ergab sich eine chaotische, mehr als peinliche Produktion, die nichts von alledem aufzuweisen hatte, was die Fans einst dazu gebracht hatte, "Falcon Crest" zu lieben und sich im Tuscany Valley wie zu Hause zu fühlen. In den Nielsen Ratings fand sich "Falcon Crest", das einst drei Jahre lang zu den besten zehn und weitere drei Jahre zu den oberen 25 US-Serien gehörte, nur noch auf den letzten Plätzen der TV-Serien-Hitliste wieder.
Im März 1990 nahm CBS "Falcon Crest" nach # 223 wegen mangelnder Einschaltquoten aus dem Programm. Um wenigstens die langjährigen Fans nicht ohne Serienabschluss zu lassen, wurden für den Ausblick am Ende von # 224 auf # 225 und schließlich die drei letzten Episoden noch kurzfristig einige Szenen mit JANE WYMAN gedreht, die hierfür zurückkam. Enttäuschenderweise verpflichtete man jedoch MARGARET LADD und ROD TAYLOR nicht mehr für Auftritte in der letzten Episode.
Auf JANE WYMANs Betreiben entschied man sich wenigstens gegen ein offenes Ende, da sie der Ansicht war, die loyalen Fans, die trotz der misslungenen 9. Saison "Falcon Crest" die Treue gehalten hatten, dürften am Ende nicht enttäuscht werden. Deshalb beschloss JANE auch, die letzte Szene, Angelas Schlussmonolog, selbst zu schreiben; sie wollte alle wichtigen Figuren noch einmal erwähnen und so die großen Jahrgänge von "Falcon Crest" noch einmal kurzzeitig aufleben lassen — was die Fans wirklich zu schätzen wissen.
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